Tsunamis, Monsterwellen und andere Hirngespinste

Wer vor 15 Jahren entlang den Küsten Japans gewandert ist, hätte den seltenen mittelalterlichen Steingravuren, die am Wegesrand vor Tsunamis warnen, keine wirkliche Beachtung geschenkt, soweit er denn der japanischen Sprache mächtig gewesen wäre.

Wir aufgeklärten Menschen der Postmoderne haben gelernt, historisch überlieferte Furchtbarkeiten der Superlative wie Tsunamis, Monsterwellen, Seeungeheuer wie Riesenkraken oder gar Godzillas, blutrünstige Alleinherrscher wie Attila oder Dracula als reine Hirngespinste, bestenfalls als Übertreibungen anzusehen.

Eine solch überlieferte Furchtbarkeit ist der Tsunami, wie unten auf einem Untersetzer abgebildet.

Tsunami, Japan. Historic painting.

Wir sehen hier zwei gelbe lange Boote, in denen Menschen zusammengekauert und aus Angst vor den übergrossen Wellen ducken. Künstlerisch überzeichnet scheinen die Wellen sogar höher als der Fujiyama, der mit 3776 Metern höchste Berg Japans, ein Vulkanberg, dessen Gipfel permanent mit einer Schneehülle bedeckt ist.

Bis zum 25. Dezember 2004 hätte man einen Erwachsenen, der solche Tsunamis für wirklich nimmt, wohl als naiven Trottel bedauert.

Am 26. Dezember 2004 ereignete sich bei Sumatra im Indischen Ozean ein schweres Seebeben, welches einen solchen Tsunami auslöste. Die zunächst flachen Wellen breiteten sich ringförmig mit wachsendem Radius über viele Tausend Kilometer aus und wuchsen an den flachen Küsten zu Riesenwellen von 10 Metern Höhe und höher heran, die der unter dem Eindruck des katastrophalen Schauspiels stehende Beobachter durchaus als höher als der Fujiyama zu beschreiben vermochte.

Erst die vielen Bildaufnahmen von Betroffenen, die Dank der heutigen billigen Technik die Zeitgeschichte erlebnisnah dokumentieren, zeigen uns, wie wahrhaftig und furchtbar solch ein Tsunami in Wirklichkeit sein kann. Der Tsunami vom 26. Dezember 2004, der sich sogar bis an die Ostküste Afrikas ausbreitete, nahm etwa 200,000 Menschen das Leben (Soviel wie die beiden Atombomben in Hiroshima und Nagasaki).

Übertroffen wurde dieses grausige Schauspiel nur noch von dem Tsunami, der am 11. März 2011 vom Tohoku-Erdbeben ausgelöst wurde und 500 Quadratkilometer der Küste Japans heimsuchte. Wenn auch mit “nur” 20,000 Todesopfern dieser japanische Tsunami geringer in seinen direkten Auswirkungen war, so grub er sich umso mehr in unser Gedächtnis, denn er war dokumentarisch noch besser belegt.

Weltweit wurden die auf die Küste des hochtechnisierten Japan brechenenden Monsterwellen per Kamera und per Liveschaltung in die Wohnzimmer der ergriffenen Zuschauer gesendet. Der Mensch mit all seiner Technik konnte diesem Tsunami nichts entgegensetzen. Grosse Ozeanschiffe wurden wie Streicholzschachteln ins Binnenland gedrückt. Ganze Siedlungen wurden zermalmt. Nichts konnte den Wellen standhalten, ausser die Anhöhen an der Küste, die die Natur geschaffen hatte.

Die Warnungen in den Steingravuren raten daher seit jeher, sich beim Herannahen eines solchen Tsunamis rasch auf diese Anhöhen zurückzuziehen.

Auch die sogenannten Monsterwellen, von denen Seeleute seit jeher berichteten, wurden zumeist als Seemannsgarn verunglimpft. Erst seit einigen Jahren, wo viele Schiffe mit Kameras ausgestattet sind, haben Seeleute die Möglichkeit, andere von ihren schrecklichen Erlebnissen mit Monsterwellen sichtbar zu überzeugen.

Seit jeher trafen Menschen, die mit ihren superlativen Erlebnissen an die Öffentlichkeit gingen, auf zwei Sorten Menschen: leichtgläubige Menschen, die sich gerne faszinieren liessen und spannende Unterhaltung suchten und Kritiker, die diese Erlebnisberichte leicht als Spinnerei abtun konnten. Denn Indizien hatten die Abenteurer selten vorzubringen, und Beweise nie.

Wo wir nun durch die zahlreichen Bildbeweise auf eine höhere Bewußtseinsstufe gelangt sind und nunwissen, daß diese Superlative keine Hirngespinste sind, sondern harte Tatsachen, stellt sich dem intelligenten Menschen die Frage, was an den anderen Hirngespinsten wahr ist, und was Fabel ist.

Die Riesenkraken existieren, wie wir seit einiger Zeit durch Bilder belegt wissen. Die Dinosaurier haben existiert, daran wird nicht gezweifelt. Welche Beobachtung hat die Menschen dazu gebracht, den Feuer speienden Drachen zu fabulieren und den Blut saugenden Dracula ?

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