Der Sohn vom Augstein?

Walsers Kind und Augsteins Kegel

Ob Jakob Augstein der leibliche Sohn von Schriftsteller Martin Walser ist (Bartels 2009), können wir glauben oder nicht. Nach bürgerlichem Recht ist Jakob der Sohn von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein. Der junge Augstein zeigt alle gymnasialen Allüren, die man bei einem Bürger hanseatischer Provenienz erwartet.

Während man beim alten Augstein noch davon ausgehen konnte, daß dieser im Ansatz wußte, daß sein Kampf gegen den Faschismus hauptsächlich Dienst an angelsächsischen Interessen in Politik und Wirtschaft war, kann man sich bei Sohn Jakob sicher sein, daß er genauso ahnungslos ist wie die jugendlichen Militanten der Antifa. Und das trotz des halben Jahrhunderts, welches er als privilegierter Bürger in dem Lande leben durfte, dessen Volk er in allem Hochmut verachtet.

Als Erbe und Herausgeber des geschichtsträchtigsten noch bestehenden deutschen Politmagazins läßt Jakob Augstein sich regelmäßig in die Niederungen der Publizistik herab, indem er sich als Kolumnist mit Tagesthemen zu Worte meldet. Bis auf sehr wenige Ausnahmen beschäftigt der Spiegel für seine Kolumnen-Artikel schriftstellerische und journalistische Amateure. Jakob Augstein ist deren einer.

In seiner jüngsten Kolumne (Augstein 2017), die man als Versuch einer Schmähschrift beschreiben könnte, verunglimpft Jakob Augstein die Familie Helmut Kohls, insbesondere dessen Sohn Walter Kohl. Unter dem Titel „Der Sohn vom Kohl“ knöpft sich der Ziehsohn von Spiegel-Verleger Rudolf Augstein die gesamte Kohl-Familie vor. Allein die Enkel bleiben ungenannt. Augstein moniert, dass Walter Kohl in die Organisation der Beisetzung seines Vaters, Altbundeskanzler Helmut Kohl eingreifen will. Die Hoheit über den Leichnam Kohls und sein materielles, politisches und geschichtliches Erbe haben nun andere, die sich hinter der Zweitfrau Helmut Kohls – Maike Richter – verstecken.

Mit der Einleitung „Familie Kohl nervt“ in Augsteins Kolumne (Augstein 2017) wird der aufmerksame und geschichtlich kundige Leser an einen früheren Spiegel aus dem Jahre 1999 erinnert, in welchem Autorin Tina Hildebrandt sich über die Omnipräsenz von Altkanzler Helmut Kohl beim Festakt zum 50. Geburtstag der Bundesrepublik geriert. Hierbei bemerkt sie, dass CDU Generalsekretärin Angela Merkel in physischer Distanz zu Kohl war und gerade eine Modernisierung der CDU in Angriff genommen hatte (Hildebrandt 1999). „Kohl nervte“ offenbar mit seiner Allgegenwärtigkeit in der Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, von dem die Gesellschaft selbst noch nichts ahnte.

Heute wissen wir, daß diese Modernisierung die CDU in eine linke Partei transformiert hat. Während Grüne, Liberale und die Sozialdemokraten wetteifern, die „Ehe für alle“ in ihr Wahlprogramm aufzunehmen, kauft Kanzlerin Merkel ihnen allen den Schneid und wahrscheinlich einzelne Wählerstimmen ab, indem sie heute – am 27. Juni 2017 – die nötige Gesetzesänderung im Bundestag betreibt.

Das republikanische, deutsche und politische Erbe Helmut Kohls ist nicht mehr wiederzuerkennen. Stand bei Kohl noch Deutschland an erster und Europa an zweiter Stelle, ist es bei Merkel nicht einmal mehr umkehrt. In Merkels Rangordnung steht Europa an erster Stelle, und Deutschland – so wirkt es jedenfalls auf den aufmerksamen, auch ausländischen Betrachter – spielt keine Rolle mehr. Jedenfalls keine Rolle mehr, die über den Status als Zuarbeiter für das Haus Europa hinausgeht. Angela Merkel war nicht die letzte Frau, in der sich Helmut Kohl getäuscht hat (WeltN24 2011). Nun macht sich seine Zweitfrau daran, dafür zu sorgen, daß das Erbe Helmut Kohls historisch eurozentriert umgedeutet wird.

Kohls Leichnam wird nicht im provinziellen Ludwigshafen im Familiengrab neben seiner Ehefrau Hannelore bestattet, sondern am Dom der Nibelungenstadt Speyer. In gespielter Bescheidenheit wird ein deutsches Staatsbegräbnis von Kohls Witwe Meike Richter abgelehnt, aber gegen den europäischen Staatsakt von geradezu epischer Dimension wehrt sie sich nicht. Wir können damit rechnen, daß auch Meike Richter in demselben Grab an Kohls Seite in Speyer ihre letzte Ruhe finden wird. Helmut Kohl wäre nicht der erste Mensch, der nach zweiter Heirat –  im Alter schwach – von seiner ersten Familie entfremdet wurde.

Für einen gewissenhaften Menschen ist es daher verständlich, dass der älteste von Helmut Kohls Söhnen, Walter Kohl, als legitimer Familiennachfolger um sein menschliches Erbe kämpft. Da, wo Unrecht ist, macht Walter Kohl es öffentlich. Damit „nervt“ er diejenigen, die mit dem Erbe Helmut Kohls den europäischen Nimbus der Politik füttern und ihn für ihre kapitalistischen und imperialistischen Zwecke mißbrauchen.

Der Bürger Jakob Augstein hingegen ist in anderen Familienverhältnissen aufgewachsen. Für ihn ist die Familie, wie sie dem Ideal der Spießbürger Kohl entspricht, eine Lächerlichkeit, die er in seiner Spiegel-Kolumne wie eine Posse zur Schau stellt. Jakob bleibt damit im Schatten seines Ziehvaters Rudolf, denn dieser legte sich wenigstens mit größeren Gegnern an, mit denen eine echte Streitsubstanz vorhanden war.

Wo Vater Rudolf Augstein noch ein spöttisches „Gott mit dir, Franz-Josef Strauss“ für seinen Widersacher übrighatte (Augstein and Aust 2012), endet Kegel Jakob in seiner Kolumne mit einem verächtlichen „Von Walter Kohl wird jetzt vor allem ein Bild im Gedächtnis bleiben: sein massiger Rücken vor der Tür des väterlichen Hauses, vergeblich auf Einlass wartend“.

Als Herausgeber des Spiegels könnte sich Jakob Augstein eigentlich zurücklehnen und seinen ererbten Ruf genießen. Es ist wohl seinem Hang zum Aktivismus zuzuschreiben, daß er zum Stift greift und das tut, was er studiert, letztendlich aber schlecht gelernt hat, weil ihm das Talent dazu fehlt.

Das Verhängnis nimmt spätestens dann seinem Lauf, wenn intellektuelle Unzulänglichkeit sich im Zustand sittlicher Orientierungslosigkeit in unkontrollierten Aktivismus aufbläht. So geschehen in Augstein’s Kolumne vom 26. Juni 2017.

Jakob Augstein wird vielleicht nur als Kind und Kegel zweier großer Männer im Gedächtnis bleiben, die nichts Großes über sich hinaus hervorgebracht haben.

Gute Besserung, Jakob Augstein.

 

Augstein, J. (2017). Übermächtiger Vater – Der Sohn vom Kohl Der Spiegel. Hamburg, SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG.

Augstein, R. and S. Aust (2012). Machtmaschine Strauß – Rudolf Augstein über seinen Widersacher. Spiegel TV. Hamburg, Spiegel TV

Bartels, G. (2009). Augstein und Walser Vater und Sohn: Eine gewisse Ähnlichkeit. Der Tagesspiegel. Berlin.

Hildebrandt, T. (1999). Kohl nervt. Der Spiegel. Hamburg, SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG: 42-44.

WeltN24 (2011). Helmut Kohl und “sein Mädchen” Welt. Berlin.

Comments are closed.