Wasserstoff fahren. Ist das Abenteuer nun vorbei?

Nun, da die Geschäftsflüge auf ihren CO2-Fußabdruck überprüft werden, fliege ich nicht mehr dahin, wohin ich fahren kann.

Meine jüngsten Termine waren die Anti-CO2 Flagship Initiative in dem Niederlanden und der Fuel Cell Hydrogen Joint Undertaking Info Day in Bruxelles. Es war selbstverständlich, daß ich die Reise dorthin mit dem Wasserstoff-Auto antrat, zumal ich mit meinen Reisen nach Berlin, Bruxelles, Luxembourg, Straßbourg, Darmstadt und Lausanne und Basel bereits deutliche Zeichen für die Langstreckentauglichkeit der Wasserstoff-Mobilität gesetzt hatte.

Die App H2-Live von H2-Mobility wird immer more busy. Es gibt schon 68 H2-Tankstellen in deren Netzwerk europaweit. Es sind derer so viele, daß es geradezu unübersichtlich wird. Also nichts, wie los. Es wird schon irgendwie klappen mit dem Tanken unterwegs.

Laut App und Reiseroute müßte ich in Geisingen an der A81, dann in Karlsruhe, Koblenz, Düsseldorf und in Rhoon bei Amsterdam tanken. Ich tanke derzeit gerne noch überall auch dort und dann, wo und wenn es noch nicht nötig ist, denn die H2-Tankstellen sollen genügend “counts” kriegen, um den Mut ob des geringen H2-Verkehrs nicht zu verlieren. Dachte ich mir.

SHELL Wasserstofftankstelle in Geisingen an der A 81.

 

 

 

 

 

 

 

Habe also früh morgens in Geisingen bei Shell schnell getankt und bin dann weiter gerast Richtung Karlsruhe. Das Rasen kostet Treibstoff, qua re man öfter tanken muss. Ansonsten hätte ich Karlsruhe überspringen können und gleich nach Koblenz durchfahren können. Oder ich hätte Geisingen ausgelassen und wäre gleich nach Karlsruhe durchgefahren.

Allerdings: es bleibt ein bißchen Restangst. Es könnte ja sein, dass die Tankstelle defekt ist, wie damals im Juni in Geisingen auf meiner Fahrt nach Straßburg.

Total Wasserstofftankstelle Karlsruhe

 

 

 

 

 

 

 

Die H2-Tankstelle in Karlsruhe habe ich leicht gefunden, denn ich hatte die Adresse in’s Navigationsgerät meines Hyundai ix35 eingegeben. Habe fein getankt und dann noch Photos gemacht und sah beim Umkreisen des Tankstellenkomplexes zwei Herren aus der H2-Tankstelle kommen.

Da bin ich gleich hin und habe die interviewed. Es waren ein Ingenieur und ein Techniker vom EIFER in Karlsruhe: European Institute for Energy Research. Kenne ich noch aus meiner Zeit in der SOFC-Forschung. Sie sagten mir, der Wasserstoff werde an Ort und Stelle mit einem Elektrolyseur hergestellt, und zwar einem SOEC Hochtemperaturelektrolyseur. Das ist interessant. Damit hätte ich nicht gerechnet. Der Strom für de Elektrolyseur kommt übrigens aus dem Stromnetz oder von den Solarpanels auf dem Dach der gesamten Tankstelle. Na also: geht doch!

Dann geht’s weiter Richtung Koblenz. Auch dort ist die Wasserstoff-Tankstelle gleich an der Autobahnabfahrt. Neben eine Burger-King Restaurant. Habe schnell getankt und Föteli gemacht und bin dann weiter auf der A61 ins Rheinland Richtung Düsseldorf.

Air Liquide Wasserstofftankstelle bei Koblenz am Rastplatz Bolzplatz. direkt beim Burger King.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Düsseldorf hatte ich erstmalig im Herbst getankt, als ich nach Bruxelles mußte – ebenfalls wegen einer CO2-Angelegenheit. Damals war ich noch der einzige Kunde. Jetzt aber war richtig Betrieb an der H2-Tankstelle. Hinter mir folgte eine junger Mann in einem Hyundai ix35, der ein Kennzeichen von Offenbach hatte. In Offenbach ist die Europa-Zentrale von Hyundai. Gleich an Kaiserlei-Promenade, wo es eine Wasserstoff-Tankstelle von Air-Liquide gibt. Da habe ich schon öfter getankt.

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Düsseldorf.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich setzte meine Reise fort ins Zielland Niederlande und gelangte schließlich spät abends in Rhoon bei Rotterdam an die für mich einzig verfügbare Wasserstoff-Tankstelle in dem Land. Ich staunte Bauklötze, als ich bemerkte, dass der Wasserstoff-Kunde vor mir ein Zolbeamter der niederländischen Douane war: der holländische Zoll fährt mit Wasserstoff!

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Rhoon bei Rotterdam.

 

 

 

 

 

 

 

Als ich mit dem Tanken an der Reihe war, bemerkte ich einen weiteren H2-Kunden hinter mir, ein Ingenieur, der Beratungsdienstleistungen für Firmen auf dem Gebiet der CO2-Budgetierung machte. Innerhalb von 10 Minuten standen und tankten also drei Hyundai ix35 mit Brennstoffzellenantrieb an dieser Tankstelle. Da war richtig Betrieb.

An dieser Stelle will ich feststellen, daß ich vom fast mediterranen Zürich bis zur Nordsee gefahren bin. Das ist für mich ein neuer Rekord. Es waren 901 km bis an den Strand.

Schwizer Hyundai ix35 Fuel Cell am Strand in Noordwijk an Zee.

 

 

 

 

 

 

 

Mein Tage im Meeting mit meinen Kollegen aus aller Herren Länder in Europa waren angenehm. Es ging, ich wiederhole mich hier, um die Etablierung eines Flagship Programms für die “Entkarbonisierung” von Europa’s Industrie, und die dafür nötige Energie soll von der Sonne kommen.

Vor dem Kammerlingh Onnes Tieftemperaturlabor der Universität Leiden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Demgemäß heißt das Flagship auch SUNRISE. Ich war der einzige Teilnehmer, der nahezu CO2-frei zum Verhandlungs- und Tagungsort gereist ist.

Die Protagonisten des SUNRISE Flagship zur Entkarbonisierung Europas mit Sonnenenergie.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin sogar einmal kurz zum europäischen Raumfahrtzentrum ESTEC der ESA vorbeigefahren, es lag ja in der Nachbarschaft.

ESTEC, das Raumfahrtzentrum der europäischen Raumfahrtagentur ESA.

 

 

 

 

 

 

 

Auf meiner Weiterfahrt später nach Bruxelles machte ich noch einmal sicherheitshalber Stopp in Rhoon bei Rotterdam, um noch einmal vollzutanken. Vor mir an der H2-Tankstelle wartete der Vertreter eines Energieunternehmens mit einem Toyota Mirai. Wir konnten nicht tanken, denn die Tankstelle war abgeschaltet. Ein Techniker nahm gerade eine Reparatur vor, welche schon längst überfällig war. Ein Sauerstoffventil war wohl undicht. Innert 10 Minuten konnten wir aber tanken. Mittlerweile stand ein weiterer Toyota Mirai hinter uns und ein viertes Wasserstoff-Auto gesellte sich ebenfalls in die Schlange: ein Hyundai der niederländischen Rijkswaterstraat Administratie.

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Rhoon bei Rotterdam.

 

 

 

 

 

 

 

Bin dann weiter gefahren nach Bruxelles und habe in der Nähe von Flughafen Zaventem vor und nach meinem Termin in Brüssel getankt. Ich hatte immer noch Angst, eine Tankstelle könnte ausfallen. Dann tanke ich lieber so früh wie möglich und gere auch noch ein zweites Mal. Aber in Zaventem gab es keine Probleme und abends ging es dan weiter nach Deutschland – und zwar vorbei an der Formel-1 Rennstrecke in Franchorchamps bei Spa.

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Zaventem bei Bruxelles.

 

 

 

 

 

 

 

 

In Bruxelles selber ging es wieder um das Thema Energie und Nachhaltigkeit. Als ich mich vor der Gesellschaft vorstellte, erwähnte und betonte ich, daß ich meinen Weg von der Schweiz bis nach Bruxelles ohne fossile Brennstoffe, sondern mit teilweise nachhaltig produziertem Wasserstoff zurückgelegt hatte.

Teilnehmerbadge Fuel Cell and Hydrogen Joint Undertaking.

 

 

 

 

 

 

 

Ich war heute ja das zweite Mal in Bruxelles. Im vergangenen Herbst 2017 war ich zum ersten Mal mit Wasserstoff dorthin gefahren. Damals gin es um die Errichtung eines millionenschweren Preises für die Gruppe, die den besten Reaktor zur Entkarbonisierung der Atmosphäre präsentiert.

White Atrium in Bruxelles. Eines der Gebäude, in denen Organisationen der EU ansässig sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich mußte mich dann entscheiden, ob ich direkt nach Koblenz fahre zur nächsten Tankstelle, oder ob ich einen 50 Kilometer Umweg über die Tankstelle am Flughafen Köln/Bonn mache.

Wäre ich gleich nach Koblenz gefahren und wäre diese defekt gewesen, dann hätte ich nicht mehr nach Limburg ausweichen können, denn die war über viele Tage defekt gewesen, ausweislich der App H2 Live von H2-Mobility.

Also ab nach Köln mit maximal möglicher Geschwindigkeit, denn Köln war näher. Die Tankstelle am Flughafen war leicht gefunden, und als ich zum Tanken ansetzen wollte – schaltete sich die Tankstelle ab! Na sowas. War es ein Fehler, dass ich den Umweg über Köln gemacht hatte und nun vor defekter H2-Tankstelle stand?

Die Total Wasserstofftankstelle am Flughafen Köln-Bonn.

 

 

 

 

 

 

 

 

Sollte ich jetzt einen noch weiteren Umweg nach Düsseldorf machen? Das war die wirklich falsche Richtung. Oder nach Wuppertal? Deren Wasserstoff-Tankstelle gefiel mir – aber ich wollte ja noch Hause in die Schweiz, und nicht nach Wuppertal. Koblenz war technisch möglich. Aber wenn die auch nicht funktionierte, dannhätte ich gar nicht mehr weiter gekonnt.

Also jetzt anrufen beim technischen Dienst von H2-Mobility. Abends um 18 Uhr war der Dienst besetzt. Der Mann vom Dienst versicherte mir, sich um die angelegenheit zu kümmern und würde mich zurückrufen. 10 Minuten später rief er mich zurück und bestätigte, die Tankstelle sei rausgeflogen. Er würde sie wieder einschalten. Sprach’s – und schon leuchtete die grüne Betriebslampe, und ich konnte weitertanken. Das ging ja nochmal gut.

Die Weiterfahrt zur nächsten Tankstelle nach Koblenz ging problemlos, ebenso wie die Weiterfahrt nach Karlsruhe und das Tanken dort. Ein Taxifahrer sprach mich an der Karlsruher Tankstelle an und wollte mehr über die Wasserstoffautos erfahren. Er war selbständig und interessierte sich dafür. Was mich betraf, habe ich meine Begeisterung für das Wasserstofffahren nicht verborgen.

Bevor ich weiterfahren konnte, kam noch ein weiterer Herr auf mich zu und wollte wissen,was ich da für ein Brennstoffzellenauto hätte. Ich zeigte ihm alles: Dashboard, Wasserstofftank, Einfüllstutzen, Brennstoffzelle unter der Fronthaube. Der Mann war angetan. Er war technisch versiertund stelle kluge Fragen, und er staunte, daß man jetzt schon so ein Auto einfach kaufen konnte und auch einfach tanken konnte. Ehrlich gesagt: auch ich staune noch, sogar nach 12,000 Kilometern mit dem Hyundai quer durch Europa.

Mein Letztes Tanken war dann wieder a der A81 in Geisingen. Mittlerweile eine Routineangelegenheit. Meine Fahrt nach Holland und Belgien und zurück in die Schweiz war über 2200 Kilometer weit und dauerte eine Woche. Ich habe dafür 35 Kilogramm Wasserstoff getankt und … den Rest sage ich nicht. Weitere technische Daten kommen später an anderer Stelle.

Es war schön aber nicht mehr so abenteuerlich wie im Jahr 2017. Ich glaube, Wasserstofffahren ist jetzt nichts Besonderes mehr. Jedenfalls nicht für mich. Ich glaube, genau so soll es auch sein, damit es etwas wird mit der Brennstoffzelle und dem Wasserstoff im Auto für Jedermann. Das Abenteuer ist vorbei, scheint mir.

5 comments:

  1. Martin Berchtold

    Sehr geehrter Herr Braun,
    sehr schöner Artikel.

    Seit dem 7.12. 2018 habe ich nun meinen mirai.
    Siehe Artikel in der Limmatwelle.
    Nach einem Monat und 3000km komme ich schon jetzt auf die selben Schlüsse wie Sie es treffend gesagt haben.

    “Ich glaube, Wasserstofffahren ist jetzt nichts Besonderes mehr. Jedenfalls nicht für mich. Ich glaube, genau so soll es auch sein, damit es etwas wird mit der Brennstoffzelle und dem Wasserstoff im Auto für Jedermann. Das Abenteuer ist vorbei, scheint mir.”

    So geht es mir auch schon.
    Noch arbeite ich an der Reichweite.
    Ziel ist es mal Norwegen besuchen zu können.

    Frage zu Belgien und den Niederlanden:
    Wie geht das da mit dem Bezahlen?
    Zaventen ist ja eine AirLiquide Station.

    In Halle könnte ich ja mit der Kreditkarte zahlen.

    Besten Dank

  2. Martin Berchtold

    Sehr geehrter Herr Braun,

    nun habe ich 10’000km auf dem Tacho.
    Die Voralpen, der Brünigpass ist auch schon per mirai erobert worden.
    Unglaublich wie toll er am Berg abgeht.

    Ich bin gerade an Ihrem Buch, “von der Nordsee bis Venedig” am verschlingen.

    Ja, mit H2 zu fahren ist so was tolles und unproblematisches.
    Klar, noch ist das H2 Tankstellennetz dünn.
    Doch auch das ist nur eine Frage der Zeit bis es besser ist.

    Mit freundlichen Grüssen
    Martin Berchtold der mit dem mirai

    1. arturbraun *

      Sali Herr Berchtold – 10’000 Kilometer in 3 Monaten?
      Dafür habe ich ein ganzes Jahr gebraucht.
      Danke für Ihr Interesse an meinem Buch.

      Ich habe es ja für “Protonauten” wie Sie geschrieben und für die, die es gerne werden wollen.

      Heute am 28. März 2019 habe ich meinen Radius ins Tessin erweitert. Ich war in Lugano. Es hätte am Ende sogar noch für 130 Kilometer extra gereicht, wenn ich der Reichweitenanzeige trauen kann. Tu ich aber nicht. Ich vermute, ich könnte bei adiabatischem Fahrstil noch 70 Kilometer damit fahren.

      Wenn man in Mailand an der Bus-Tankstelle tanken könnte mit 350 bar. Das würde sicher nicht mehr zurück nach ZH oder AG reichen …

      Danke für Ihr Föteli vom Ausflug in die Alpen !

  3. Berchtold Martin

    Grüezi Herr Braun,
    7.12.2018, Übernahme des eigenen Toyota mirai, km 135
    28.5.2019, erster 15’000er Service am Toyota mirai, km 16190
    Fazit:
    Ein Auto das sich wie ein Auto fahren lässt.
    Stören die wenigen H2 Tankstellen?
    Nun meine nun 16’000km sind ausschliesslich mit den zwei betehenden H2 Tankstellen von Coop in Hunzenschwil und EMPA in Dübendorf “erdampft” worden.
    100% CH Energie! Energie die sonst nie erzeugt worden wäre, da aus Überschussenergie.
    Der Ausflug nach St Moritz via Julierpass oder nach Campione di Italia waren sehr gut möglich.
    Klar, beim Fahren muss man schon die Distanzen kennen um sicher wieder zu einer der zwei H2 Tankstellen zurückkehren zu können.
    Und ja, wer den Kopf gegen der Tankanzeige durchstieren tut, der bleibt eben auch mal mit dem Benziner liegen!
    Gab es bisher Fälle wo ich meinen mirai an der Tankstelle stehen lassen musste?
    Nein, ich bekam bisher immer genug H2 um “weiterdampfen” zu können.
    Bedauere ich meinen Entscheid auf H2 zu setzen?
    JA! Warum habe ich das nicht schon viel früher gewagt!
    Den TCS Sicherheitsfahrkurs “PW Aufbau” in Hinwil machte nun das erste mal wirklich Spass, denn endlich konnte so richtig “Stoff” gegeben werden, im Wissen dass hinten nur Wasser rauskommt und kein CO2 und co.
    Weitere Ziele:
    Den Leuten die unbegründete Angst des H2 zu nehmen und die H2 Brennstoffzellentechnik mit dem (TCS) Motto “Lernen durch Erleben” weiterzugeben.
    Obwohl ich nur den Toyota mirai kenne, würde ich sagen, die Brennstoffzellentechnik ist generell in der Gegenwart angekommen und kann von jedermann genutzt werden.
    Bis 2023 löst sich auch das H2 Tankstellenproblem in der Schweiz.

    1. Dr. Artur Braun

      Wenn uns die Politik nicht dazwischen kommt, wird Wasserstofffahren bald ein ganz normaler Vorgang sein.

      Und wenn nicht, gehören wir zu den wenigen Privilegierten, die davon aus erster Hand zu berichten wissen …

      Das können Sie ja demnächst in Baden im Parlament auch tun. Vielleicht gibt es ja den einen oder die andere Abgeordnete, die dann denkt “das will ich auch!” 🙂

      ps: Danke für die Bilder übrigens !

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