Month: January 2018

Wasserstoff fahren. Ist das Abenteuer nun vorbei?

Nun, da die Geschäftsflüge auf ihren CO2-Fußabdruck überprüft werden, fliege ich nicht mehr dahin, wohin ich fahren kann.

Meine jüngsten Termine waren die Anti-CO2 Flagship Initiative in dem Niederlanden und der Fuel Cell Hydrogen Joint Undertaking Info Day in Bruxelles. Es war selbstverständlich, daß ich die Reise dorthin mit dem Wasserstoff-Auto antrat, zumal ich mit meinen Reisen nach Berlin, Bruxelles, Luxembourg, Straßbourg, Darmstadt und Lausanne und Basel bereits deutliche Zeichen für die Langstreckentauglichkeit der Wasserstoff-Mobilität gesetzt hatte.

Die App H2-Live von H2-Mobility wird immer more busy. Es gibt schon 68 H2-Tankstellen in deren Netzwerk europaweit. Es sind derer so viele, daß es geradezu unübersichtlich wird. Also nichts, wie los. Es wird schon irgendwie klappen mit dem Tanken unterwegs.

Laut App und Reiseroute müßte ich in Geisingen an der A81, dann in Karlsruhe, Koblenz, Düsseldorf und in Rhoon bei Amsterdam tanken. Ich tanke derzeit gerne noch überall auch dort und dann, wo und wenn es noch nicht nötig ist, denn die H2-Tankstellen sollen genügend “counts” kriegen, um den Mut ob des geringen H2-Verkehrs nicht zu verlieren. Dachte ich mir.

SHELL Wasserstofftankstelle in Geisingen an der A 81.

 

 

 

 

 

 

 

Habe also früh morgens in Geisingen bei Shell schnell getankt und bin dann weiter gerast Richtung Karlsruhe. Das Rasen kostet Treibstoff, qua re man öfter tanken muss. Ansonsten hätte ich Karlsruhe überspringen können und gleich nach Koblenz durchfahren können. Oder ich hätte Geisingen ausgelassen und wäre gleich nach Karlsruhe durchgefahren.

Allerdings: es bleibt ein bißchen Restangst. Es könnte ja sein, dass die Tankstelle defekt ist, wie damals im Juni in Geisingen auf meiner Fahrt nach Straßburg.

Total Wasserstofftankstelle Karlsruhe

 

 

 

 

 

 

 

Die H2-Tankstelle in Karlsruhe habe ich leicht gefunden, denn ich hatte die Adresse in’s Navigationsgerät meines Hyundai ix35 eingegeben. Habe fein getankt und dann noch Photos gemacht und sah beim Umkreisen des Tankstellenkomplexes zwei Herren aus der H2-Tankstelle kommen.

Da bin ich gleich hin und habe die interviewed. Es waren ein Ingenieur und ein Techniker vom EIFER in Karlsruhe: European Institute for Energy Research. Kenne ich noch aus meiner Zeit in der SOFC-Forschung. Sie sagten mir, der Wasserstoff werde an Ort und Stelle mit einem Elektrolyseur hergestellt, und zwar einem SOEC Hochtemperaturelektrolyseur. Das ist interessant. Damit hätte ich nicht gerechnet. Der Strom für de Elektrolyseur kommt übrigens aus dem Stromnetz oder von den Solarpanels auf dem Dach der gesamten Tankstelle. Na also: geht doch!

Dann geht’s weiter Richtung Koblenz. Auch dort ist die Wasserstoff-Tankstelle gleich an der Autobahnabfahrt. Neben eine Burger-King Restaurant. Habe schnell getankt und Föteli gemacht und bin dann weiter auf der A61 ins Rheinland Richtung Düsseldorf.

Air Liquide Wasserstofftankstelle bei Koblenz am Rastplatz Bolzplatz. direkt beim Burger King.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Düsseldorf hatte ich erstmalig im Herbst getankt, als ich nach Bruxelles mußte – ebenfalls wegen einer CO2-Angelegenheit. Damals war ich noch der einzige Kunde. Jetzt aber war richtig Betrieb an der H2-Tankstelle. Hinter mir folgte eine junger Mann in einem Hyundai ix35, der ein Kennzeichen von Offenbach hatte. In Offenbach ist die Europa-Zentrale von Hyundai. Gleich an Kaiserlei-Promenade, wo es eine Wasserstoff-Tankstelle von Air-Liquide gibt. Da habe ich schon öfter getankt.

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Düsseldorf.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich setzte meine Reise fort ins Zielland Niederlande und gelangte schließlich spät abends in Rhoon bei Rotterdam an die für mich einzig verfügbare Wasserstoff-Tankstelle in dem Land. Ich staunte Bauklötze, als ich bemerkte, dass der Wasserstoff-Kunde vor mir ein Zolbeamter der niederländischen Douane war: der holländische Zoll fährt mit Wasserstoff!

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Rhoon bei Rotterdam.

 

 

 

 

 

 

 

Als ich mit dem Tanken an der Reihe war, bemerkte ich einen weiteren H2-Kunden hinter mir, ein Ingenieur, der Beratungsdienstleistungen für Firmen auf dem Gebiet der CO2-Budgetierung machte. Innerhalb von 10 Minuten standen und tankten also drei Hyundai ix35 mit Brennstoffzellenantrieb an dieser Tankstelle. Da war richtig Betrieb.

An dieser Stelle will ich feststellen, daß ich vom fast mediterranen Zürich bis zur Nordsee gefahren bin. Das ist für mich ein neuer Rekord. Es waren 901 km bis an den Strand.

Schwizer Hyundai ix35 Fuel Cell am Strand in Noordwijk an Zee.

 

 

 

 

 

 

 

Mein Tage im Meeting mit meinen Kollegen aus aller Herren Länder in Europa waren angenehm. Es ging, ich wiederhole mich hier, um die Etablierung eines Flagship Programms für die “Entkarbonisierung” von Europa’s Industrie, und die dafür nötige Energie soll von der Sonne kommen.

Vor dem Kammerlingh Onnes Tieftemperaturlabor der Universität Leiden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Demgemäß heißt das Flagship auch SUNRISE. Ich war der einzige Teilnehmer, der nahezu CO2-frei zum Verhandlungs- und Tagungsort gereist ist.

Die Protagonisten des SUNRISE Flagship zur Entkarbonisierung Europas mit Sonnenenergie.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin sogar einmal kurz zum europäischen Raumfahrtzentrum ESTEC der ESA vorbeigefahren, es lag ja in der Nachbarschaft.

ESTEC, das Raumfahrtzentrum der europäischen Raumfahrtagentur ESA.

 

 

 

 

 

 

 

Auf meiner Weiterfahrt später nach Bruxelles machte ich noch einmal sicherheitshalber Stopp in Rhoon bei Rotterdam, um noch einmal vollzutanken. Vor mir an der H2-Tankstelle wartete der Vertreter eines Energieunternehmens mit einem Toyota Mirai. Wir konnten nicht tanken, denn die Tankstelle war abgeschaltet. Ein Techniker nahm gerade eine Reparatur vor, welche schon längst überfällig war. Ein Sauerstoffventil war wohl undicht. Innert 10 Minuten konnten wir aber tanken. Mittlerweile stand ein weiterer Toyota Mirai hinter uns und ein viertes Wasserstoff-Auto gesellte sich ebenfalls in die Schlange: ein Hyundai der niederländischen Rijkswaterstraat Administratie.

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Rhoon bei Rotterdam.

 

 

 

 

 

 

 

Bin dann weiter gefahren nach Bruxelles und habe in der Nähe von Flughafen Zaventem vor und nach meinem Termin in Brüssel getankt. Ich hatte immer noch Angst, eine Tankstelle könnte ausfallen. Dann tanke ich lieber so früh wie möglich und gere auch noch ein zweites Mal. Aber in Zaventem gab es keine Probleme und abends ging es dan weiter nach Deutschland – und zwar vorbei an der Formel-1 Rennstrecke in Franchorchamps bei Spa.

Air Liquide Wasserstofftankstelle in Zaventem bei Bruxelles.

 

 

 

 

 

 

 

 

In Bruxelles selber ging es wieder um das Thema Energie und Nachhaltigkeit. Als ich mich vor der Gesellschaft vorstellte, erwähnte und betonte ich, daß ich meinen Weg von der Schweiz bis nach Bruxelles ohne fossile Brennstoffe, sondern mit teilweise nachhaltig produziertem Wasserstoff zurückgelegt hatte.

Teilnehmerbadge Fuel Cell and Hydrogen Joint Undertaking.

 

 

 

 

 

 

 

Ich war heute ja das zweite Mal in Bruxelles. Im vergangenen Herbst 2017 war ich zum ersten Mal mit Wasserstoff dorthin gefahren. Damals gin es um die Errichtung eines millionenschweren Preises für die Gruppe, die den besten Reaktor zur Entkarbonisierung der Atmosphäre präsentiert.

White Atrium in Bruxelles. Eines der Gebäude, in denen Organisationen der EU ansässig sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich mußte mich dann entscheiden, ob ich direkt nach Koblenz fahre zur nächsten Tankstelle, oder ob ich einen 50 Kilometer Umweg über die Tankstelle am Flughafen Köln/Bonn mache.

Wäre ich gleich nach Koblenz gefahren und wäre diese defekt gewesen, dann hätte ich nicht mehr nach Limburg ausweichen können, denn die war über viele Tage defekt gewesen, ausweislich der App H2 Live von H2-Mobility.

Also ab nach Köln mit maximal möglicher Geschwindigkeit, denn Köln war näher. Die Tankstelle am Flughafen war leicht gefunden, und als ich zum Tanken ansetzen wollte – schaltete sich die Tankstelle ab! Na sowas. War es ein Fehler, dass ich den Umweg über Köln gemacht hatte und nun vor defekter H2-Tankstelle stand?

Die Total Wasserstofftankstelle am Flughafen Köln-Bonn.

 

 

 

 

 

 

 

 

Sollte ich jetzt einen noch weiteren Umweg nach Düsseldorf machen? Das war die wirklich falsche Richtung. Oder nach Wuppertal? Deren Wasserstoff-Tankstelle gefiel mir – aber ich wollte ja noch Hause in die Schweiz, und nicht nach Wuppertal. Koblenz war technisch möglich. Aber wenn die auch nicht funktionierte, dannhätte ich gar nicht mehr weiter gekonnt.

Also jetzt anrufen beim technischen Dienst von H2-Mobility. Abends um 18 Uhr war der Dienst besetzt. Der Mann vom Dienst versicherte mir, sich um die angelegenheit zu kümmern und würde mich zurückrufen. 10 Minuten später rief er mich zurück und bestätigte, die Tankstelle sei rausgeflogen. Er würde sie wieder einschalten. Sprach’s – und schon leuchtete die grüne Betriebslampe, und ich konnte weitertanken. Das ging ja nochmal gut.

Die Weiterfahrt zur nächsten Tankstelle nach Koblenz ging problemlos, ebenso wie die Weiterfahrt nach Karlsruhe und das Tanken dort. Ein Taxifahrer sprach mich an der Karlsruher Tankstelle an und wollte mehr über die Wasserstoffautos erfahren. Er war selbständig und interessierte sich dafür. Was mich betraf, habe ich meine Begeisterung für das Wasserstofffahren nicht verborgen.

Bevor ich weiterfahren konnte, kam noch ein weiterer Herr auf mich zu und wollte wissen,was ich da für ein Brennstoffzellenauto hätte. Ich zeigte ihm alles: Dashboard, Wasserstofftank, Einfüllstutzen, Brennstoffzelle unter der Fronthaube. Der Mann war angetan. Er war technisch versiertund stelle kluge Fragen, und er staunte, daß man jetzt schon so ein Auto einfach kaufen konnte und auch einfach tanken konnte. Ehrlich gesagt: auch ich staune noch, sogar nach 12,000 Kilometern mit dem Hyundai quer durch Europa.

Mein Letztes Tanken war dann wieder a der A81 in Geisingen. Mittlerweile eine Routineangelegenheit. Meine Fahrt nach Holland und Belgien und zurück in die Schweiz war über 2200 Kilometer weit und dauerte eine Woche. Ich habe dafür 35 Kilogramm Wasserstoff getankt und … den Rest sage ich nicht. Weitere technische Daten kommen später an anderer Stelle.

Es war schön aber nicht mehr so abenteuerlich wie im Jahr 2017. Ich glaube, Wasserstofffahren ist jetzt nichts Besonderes mehr. Jedenfalls nicht für mich. Ich glaube, genau so soll es auch sein, damit es etwas wird mit der Brennstoffzelle und dem Wasserstoff im Auto für Jedermann. Das Abenteuer ist vorbei, scheint mir.